8. Mai 2008
Die Ära Karl Richter in München: Die Jahre 1973 ff. [DE]
Claes H. Ahnsjö
Ich kam im September 1973 fest an die Oper nach München, war aber schon vorher zu Proben hier, und da wurde ein Treffen mit Professor Richter arrangiert. Ich bin zur Hochschule gegangen, sehr nervös und aufgeregt, weil ich wusste, wer diese unglaubliche Persönlichkeit war. Er hat mich zu einem Klavierzimmer geführt und gefragt: „Was haben Sie für Musik dabei?“ Da habe ich geantwortet: „h-moll-Messe, Schöpfung, Johannes-Passion." „Ja, Johannes-Passion ist gut."
Claes H. Ahnsjö beim Interview am 22. Mai 2004
Vorher hatte man mir gesagt, dass Professor Richter wenig Zeit hätte, ich sollte mich darauf konzentrieren, ein paar Rezitative und eine Arie zu singen. Ich fing also an, das erste Rezitativ und weiter und weiter. Nach einer Viertelstunde ungefähr brach er ab und sagte: "Wissen Sie, wenn Sie hier früher atmen und dann das durchhalten, dann schauen wir, was passiert, und dann machen wir es noch einmal. „Ich habe das so gemacht, und dann hörte er zu spielen auf, schaute mich an und sagte: „Ja, mein Lieber, so geht das auch."
Claes H. Ahnsjö in Paris 1981
1975 kam Bachs Matthäus-Passion in der Stiftsbasilika zur Aufführung. Julia Hamari sang die Altpartie.
1976 stand das Stabat Mater von Antonin Dvořák in Ottobeuren auf dem Programm. Bereits ein Jahr zuvor hatte Richter dieses beeindruckende Werk in München präsentiert. Neben Julia Hamari und Wolfgang Brendel waren Peter Schreier und Edda Moser zu hören.
Friedemann Winklhofer
Ich habe schon immer gerne Continuo gespielt, das war schon in meiner Schulzeit eine ganz besondere Liebe gewesen. Und immer hat mir Karl Richters Art und Weise gefallen, wie er das Continuo spielen ließ, was ich auch für mich aus den vorhandenen Schallplattenaufnahmen herausgefiltert habe. Mein großer Wunsch war in all den Jahren, einmal bei Karl Richter zu spielen, was aber schwierig war, weil er nur seine eigenen Schüler an das Continuo ließ. Otto Büchner und viele andere sagten immer wieder zu Richter: „Nimm doch mal den Winklhofer, der macht das ganz gut", worauf Richter stets meinte: „Das weiß ich, aber er ist nicht mein Schüler."
Friedemann Winklhofer beim Interview am 1. August 2005
Dann kam mein 26. Geburtstag im Jahr 1977, an dem ich mir das Vergnügen leistete, zu einem Konzert des Bach-Orchesters nach Innsbruck zu fahren. Als ich dort ankam, hat es geheißen: „Winklhofer, sofort zu Herrn Prof. Richter" Richter fragte mich, ob ich im Mai bei der Bachwoche Schaffhausen h-moll-Messe spielen könnte. „Selbstverständlich" antwortete ich, „das ist ein sehr schönes Geburtstagsgeschenk", worüber er sich ebenfalls freute.
Friedemann Winklhofer in den 1980er Jahren