Zeitzeugen der Ära Karl Richter im Interview
Julia Hamari auf Wikipedia (deutsch)
Julia Hamari auf Wikipedia (englisch)
Julia Hamari auf Bach-Cantatas (englisch)
Julia Hamari über die erste Begegnung mit Karl Richter
Julia Hamari beim Interview am 6. Juni 2004 in Stuttgart
Es war für mich ein
phantastisches Erlebnis. In Budapest habe ich 1965 den großen Franz-Liszt-Wettbewerb gewonnen,
dabei war ich die jüngste Teilnehmerin. Nach diesem Wettbewerb wurde eine Schallplatte gemacht,
die wahrscheinlich herumgeschickt wurde, und so ist diese Schallplatte auch in Wien angekommen.
Es war gerade Festspielzeit. Und wenn ich mich gut erinnere, hatte Christa Ludwig abgesagt, und
man hat mich gefragt. Als kleine, 22jährige, noch Schülerin, und von der Hochschule nur weg
durch diesen Wettbewerb. Unglaublich aufgeputzt kam ich damals aus Ungarn an. Wir waren arm, es
war eigentlich eine dunkle Zeit, aber nicht für mich. Für mich schien die Sonne durch die Musik
und dadurch, dass ich dachte, man liebt mich und hilft mir.
Im Musikverein in Wien
wurde ich dann Richter vorgestellt. Er kam in den Raum und ich stand da, absolut unbekannt,
wirklich ein kleines Mädchen, nichts anderes. Und er stand vor mir und guckte mich so an mit
seinen irre großen Augen. Ich wurde gelähmt, minutenlang gelähmt. Ich guckte diese zwei Augen
an und dachte, ich kann keinen Ton singen. Und dann sagte er in seinem goldigen sächsischen
Dialekt - ich versuche noch heute, es für meine Schüler nachzumachen -: „Na, kommen Sie, singen
wir ein bisschen." Und dann hat er mich in ein großes Zimmer geführt und hat sofort die Erbarme
dich Arie aus der Matthäus-Passion angefangen. Beinahe durchgespielt, und da habe ich erstmals
gemerkt, er lebt gar nicht hier, er lebt in einer absolut anderen Welt. Das war mein erster
Eindruck, dass er nur für die Musik lebte.
Und da habe ich mir
gesagt, hier bin ich zu Hause. Die Musik war ja auch mein Leben. Warum bist du nervös, gib dich
hin und lass dich begleiten. Und da habe ich die Erbarme-dich-Arie angefangen zu singen. Und
plötzlich starrte er mich an, schaute er so richtig durch mich durch und forderte mich damit
eigentlich heraus, noch schöner, noch besser zu singen. Dann sagte er: „Jung, aber schon eine
Künstlerin. Genug." Und dann noch: „Es wird wunderbar."
Wenn ich darüber
nachdenke, da war (beim sensationellen Debüt im April 1966 in Wien) Hermann Prey, da war Peter
Schreier, auch eines seiner ersten Konzerte in Wien, Ernst Gerold Schramm - er war dann ein
wunderbarer Freund von mir -, und es war das letzte Konzert mit Theresa Stich-Randall, eine
ganz hochrangige Konzertsopranistin. Das war die erste Matthäus-Passion meines Lebens.
Natürlich wollte das niemand glauben. So einen Anfang gibt es überhaupt gar nicht!
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