28. März 2008

Karl Richter in München - die kompletten Interviews mit den Zeitzeugen jetzt auf DVD

In der täglichen Besucherstatistik des Karl Richter-Weblogs fällt auf, dass viele unserer Besucher speziell nach den Namen von Zeitzeugen und deren Aussagen zu Karl Richter suchen. Immer wieder werden auch die kurzen Filmausschnitte auf YouTube.com angeklickt (bisher rund 16.000 Mal) und direkt beim Karl Richter Archiv bzw. bei mir angefragt, ob man die kompletten Interviews als Zeitdokumente für Liebhaber, Connaisseurs und die Musikwissenschaft erhalten könnte.

Ja, das können Sie jetzt, und Sie fördern damit gleichzeitig die weitere Arbeit des Karl Richter Archivs. Für Sie, die Freunde, Liebhaber, Connaisseurs und die Musikwissenschaft haben wir die kompletten Interviews von 26 Vokal- und Instrumentalsolisten

Kieth Engen † 48,0 min
Ernst Haefliger † 17,0 min

-> DVD I Gesamt: 65 Minuten


Ursula Buckel † 24,0 min
Karl-Christian Kohn † 20,0 min
Horst Laubenthal 14,0 min

-> DVD II Gesamt: 58 Minuten

Kurt Hausmann 21,0 min
Peter-Lukas Graf 16,0 min
Aurèle Nicolet 26,0 min

-> DVD III Gesamt: 63 Minuten


Julia Hamari 46,0 min
Anna Reynolds 22,5 min

-> DVD IV Gesamt: 68,5 Minuten


Edda Moser 33,5 min
Claes H. Ahnsjö 26,5 min

-> DVD V Gesamt: 60,0 Minuten

Siegmund Nimsgern 22,5 min
Kurt-Christian Stier 15,0 min
Hermann Baumann 26,5 min

-> DVD VI Gesamt: 59,0 Minuten


Hertha Töpper 46,0 min
Lotte Schädle 15,0 min
Antonia Fahberg 22,0 min

-> DVD VII Gesamt: 62,0 Minuten


Karl Heckel 37,0 min
Johannes Fink 29,0 min

-> DVD VIII Gesamt: 68,0 Minuten


Paul Meisen 47,0 min
Elmar Schloter 17,0 min

-> DVD IX Gesamt: 64,0 Minuten


Friedemann Winklhofer 24,0 min
Franz Kelch 14,0 min
Christian Kabitz 11,5 min
Gabi Weinfurter 13,0 min

-> DVD X Gesamt: 62,5 Minuten


nochmals überarbeitet, mit Untertiteln versehen und auf 10 DVDs von jeweils einer guten Stunde Spieldauer zusammengestellt.

Damit haben die Bewunderer des musikalischen Wirkens von Karl Richter, seines Münchener Bach-Chores und Bach-Orchesters sowie die Fachwelt alle Interviews der Buch- und Video-Dokumentation „Karl Richter in München - Zeitzeugen erinnern sich“ nun auch in Bild und Ton - in voller Länge - zur Verfügung.

Weitere Informationen (und/oder Bestellungen) bitte über eMail oder telefonisch unter 09321-9243986.

26. März 2008

Die Ära Karl Richter in München: Die Jahre 1967 ff. [DE]

Die letzten Jahre des Jahrzehnts brachten Karl Richter und seinem Ensemble große Erfolge in aller Welt. Im Frühjahr 1967 führte eine Konzertreise wieder nach Italien und in die Schweiz, bei der Hermann Baumann sein Debüt feierte. Diese Tournee führte zunächst nach Parma, wo anlässlich des hundertsten Geburtstages von Arturo Toscanini im Teatro Regio Bachs h-moll-Messe zur Aufführung gelangte.


Eintrag ins Gästebuch des Toscanini-Museums in Parma

Dann ging es zurück in die Schweiz zum Bachfest Schaffhausen. Im Münster fand ein Orgel/Motettenkonzert, u.a. mit der Bach-Motette 'Jesu, meine Freude' statt, und in der Johanniskirche erklang wiederum die h-moll-Messe. Dieses Werk bestimmte auch die weiteren Stationen der Reise: Genf, Lausanne, Turin, Lucca und Vicenza.



Konzertplakat in Genf

Im September 1967 wurde Karl Richter mit Chor und Orchester zu Konzerten in Montreal als deutscher Kulturbeitrag zur Weltausstellung eingeladen. Weitere Konzerte, jeweils mit h-moll-Messe und Schöpfung, folgten in Washington und in New York.



Abflug in München-Riem

Der Kritiker der Washington Post, Alan Kriegsman lobte mit den Worten: „Rein, plastisch, einheitlich, bewundernswert phrasiert, deutlich artikuliert, sauber und prächtig im Klang“ - und Harold Schonberg, der Kritikerpapst der New York Times, schrieb: „alles war strahlend und rein, alle waren zusammen, jeder machte Musik.“



J.F. Kennedy’s Grab in Arlington, VA

1968 und 1970 gastierten Karl Richter mit Bach-Chor und Bach-Orchester in der damaligen UdSSR, 1968 kamen im Tschaikowsky-Konservatorium Moskau und in der Philharmonie Leningrad jeweils die h-moll-Messe und die Johannes-Passion zur Aufführung, zwei Jahre später dann neben der h-moll-Messe auch Haydns Jahreszeiten.

Lotte Schädle

"Die Russen waren so begeistert. Wir hatten einen viertelstündigen Applaus! Dann bekam ich obendrein an die Bayerische Staatsoper einen Brief von einem 19jährigen Russen geschickt, einem Studenten, in perfektem Deutsch. Er schrieb mir einen 28 Seiten langen Brief, eine einzige Lobeshymne über unsere Konzerte, die dort stattgefunden hatten."

Ursula Buckel

"In Moskau haben wir im Tschaikowsky-Konservatorium die Johannes-Passion aufgeführt. Da kamen die Zuhörer oben durch die Fenster, und die jungen Leute, die Studenten, waren oben auf dem Dachboden und haben da mitgehört. Sie haben uns fast bedrängt und gefragt, wieso wir das nur einmal aufführen, sie seien doch so viele Menschen. Aber das war ja nicht vorgesehen."



Konzertplakat in Moskau

"Es war eine wunderbare Stimmung und es herrschte absolute Stille, nachdem es zu Ende war. Und plötzlich hörte man Schritte auf dem Boden, ganz langsam. Da war ein altes Mütterchen mit Kopftuch und hatte drei oder vier Blümchen in der Hand und lief von ganz hinten mit den Blümchen vor zu Richter und gab ihm diese Blumen.

Es war alles voll, und in der dritten Reihe seh ich einen sehr großen Mann sitzen, mit Jeanshose und eigentlich angezogen wie ein Kosak, Schnurrbart und schwarze Haare, auf jeden Fall habe ich mir gesagt, was macht der hier in der h-moll-Messe? Er passte so gar nicht in das Konzert. Und da gucke ich wieder hin und sehe, der spricht jeden Ton mit oder singt sogar leise. Die ganze Messe durch."

Kieth Engen

Es war ein Jubel dabei, denn sie haben das erste Mal die Johannes-Passion in solcher Vollendung gehört. Und es waren vor allem junge Leute. Das war auch vielleicht die Verbindung zwischen diesem jungen Chor und diesem jungen Publikum in Moskau. In Leningrad war es in diesem herrlichen klassischen Konzertsaal, aber es war ein ganz anderes Publikum. Es war ein reiferes Publikum, es war auch hell begeistert, aber es war anders.

Hertha Töpper

"Wunderschön war der Saal des Tschaikowsky-Konservatoriums. Fast bin ich da über eine Stufe gestolpert vor Erstaunen über die Medaillons mit Portraits von Komponisten an den Wänden, wo ich gleich dem Schubert und dem Wagner gegenüber gestanden bin. Die Akustik war wunderbar. Das erfährt man ja immer, wenn man das Piano vom Agnus Dei ansetzt und der Saal das dann gleich übernimmt. Das war auch in Leningrad im Saal der Philharmonie so."


Probe in der Leningrader Philharmonie

Remembering the Era Karl Richter in Munich: Year 1967 ff. [EN]

The last years of the decade brought great success all over the world to Karl Richter and his ensemble. In Spring 1967 he led again a concert trip to Italy and Switzerland, during which Hermann Baumann made his celebrated debut. This tour led first of all to Parma, where on the occasion of Arturo Toscanini’s 100th Birthday, Bach’s Mass in B-minor was performed in the Teatro Regio.



Karl Richter entry in the guest book at the Toscanini-Museums in Parma

The tour then returned to Switzerland for the Bach Festival in Schaffhausen. In Muenster there was a Organ and Motet concert including, the Bach Motet 'Jesu meine Freude', and in the Johannis Church the B-minor Mass resounded once again. It was this work, that in turn determined the further stations of the journey: Geneve, Lausanne, Turino, Lucca and Vicenza.



Concert poster Geneva

In September 1967 Karl Richter together with Choir and Orchestra was invited to Concerts in Montreal as Germany’s Cultural contribution to the World Exhibition. Further concerts, each time with Bach’s B-minor Mass and Haydn’s Schoepfung followed in Washington and in New York.



Departure in Munich-Riem

The Washington Post music critic, Alan Kriegsman, voiced his praise with words like, pristine, ductile, homogeneous, admirable, articulate, magnificent. And Harold Schonberg, from the New York Times, a leading critics in this time, wrote: “everything was radiant and pure, everyone was united, each and everyone made music”.



J. F. Kennedy’s grave in Arlington, VA

In 1968 and 1970 Karl Richter, with his Bach Choir and Bach Orchestra, were guest stars in Russia (than UdSSR), in 1968 the B-minor Mass and the St. John Passion, were to be heard in the Tchaikovsky Conservatory in Moscow and in the Grand Philharmonic Hall in Leningrad. Two years later besides the B-minor mass, Haydn’s 'Jahreszeiten' were also part of the program.

Lotte Schaedle

"The Russians were enraptured. We had a quarter of an hour’s applause! Then on top of that I received a letter, sent to the Bavarian State Opera by a 19 year old Russian. He wrote a 28 page hymn of praise about the concerts, that had taken place in Russia."

Ursula Buckel

"In Moscow we performed the Johannes Passion in the Tchaikovsky Conservatory. The listeners came in through the upper windows, the students went up into the attic to get the chance of hearing us. They almost crowded us out, and kept asking why we were performing just one time, for so many people. But it hadn’t been planned."


Concert poster in Moscow

"It was a fantastic atmosphere and absolute silence reigned, when we had finished. And then suddenly footsteps could be hear, very slow footsteps. There was a little old lady with a headscarf and she had three or four flowers in her hand, she walked all the way from the back of the hall, right up to Richter in the front and gave him the flowers.

The concert was packed out and I saw a very big man sitting in the third row, he was wearing Jeans but was otherwise dressed like a Cossack, with moustache and black hair, in any case I said to myself, what is he doing in a B-minor Mass? He didn’t fit into the concert at all, and then I looked at him again and saw, that he spoke every tone or sang the music very softly, right through the whole Mass."

Kieth Engen

"There was quite an exultation, because it was the first time they had heard the Johannes Passion in such perfection. And above all it was young people. Maybe that was the connection between the young choir and these young listeners here in Moscow. In Leningrad it had been in a magnificent classical Concert Hall, with a completely different audience, a more mature audience, an audience that had also been enraptured but in a different way."


Hertha Toepper

"The hall in the Tchaikovsky Conservatory was beautiful. I almost tripped over a step, because I was so astonished by the Medallions with portraits of composers on the walls; I stood opposite Schubert and Wagner. The acoustic was wonderful. You can always experience this, when the piano starts the 'Agnus Dei' and the hall immediately takes it up. It was the same in Leningrad in the Philharmonic Hall."



Rehearsal at the Grand Hall of the Leningrad Philharmonia

22. März 2008

Ein frohes Osterfest! Happy Eastern!



Christ lag in Todesbanden für unsre Sünd gegeben.
Er ist wieder erstanden und hat uns bracht das Leben.
Des wir sollen fröhlich sein, Gott loben und ihm dankbar
sein und singen Halleluja, Halleluja!

Versus I der Kantate zum 1. Ostertag
"Christ lag in Todesbanden" BWV 4


Gesegnete und frohe Ostern
sowie erholsame Feiertage

Ihr
Johannes Martin

19. März 2008

Die Ära Karl Richter in München: Die Jahre 1966 ff. [DE]

Maurice André hatte inzwischen eine grandiose Solisten-Karriere gestartet und stand hinfort Karl Richter nicht mehr so oft zur Verfügung. Den Trompeten-Platz nahm nun sein Landsmann Pierre Thibaud ein, erstmals beim Weihnachtsoratorium 1966 im Salzburger Festspielhaus.



Pierre Thibaud

1966 sang zum ersten Mal Peter Schreier, Karl Richter seit den Tagen der Kreuzschule in Dresden freundschaftlich verbunden, den Evangelisten in Bachs Matthäus-Passion, am 3. März im Kongresssaal des Deutschen Museums in München und zwei Tage später im Musikvereinsaal Wien. Hier ereignete sich auch das sensationelle Debüt der ungarischen Altistin Julia Hamari.

Julia Hamari

"Ich stand auf für die Erbarme-dich-Arie, und ich glaube, ich habe gut gesungen. Das war die erste Matthäus-Passion meines Lebens. Natürlich wollte das niemand glauben. So einen Anfang gibt es überhaupt gar nicht. Die Arie war zu Ende, und ich schaue ihn an, und er schaut mich an, und es entstand eine Wahnsinns-Pause, eine furchtbare Pause, es ging nicht weiter. Dann fing der Chor an, ganz langsam den Choral zu singen. Dann hat er ganz schnell das folgende Rezitativ gemacht und mich dabei so böse angeschaut, aber so böse, als wenn ich etwas dafür konnte, dass er überrascht war."



Julia Hamari

Im Sommer 1967 begann die musikalische Zusammenarbeit Richters mit der gefeierten Mozartsängerin Edda Moser.

Edda Moser

"Ich hatte ein Engagement über die Deutsche Grammophon bekommen, dass Orfeo von Gluck aufgenommen würde mit Fischer-Dieskau und Janowitz, und ich sollte die Amore singen. Natürlich habe ich mich wunderbar vorbereitet. Einen Tag nach dem Tod meines Vaters musste ich dort in München erscheinen. Richter wusste, dass mein Vater gestorben war, es war ja durch alle Zeitungen gegangen, und er hat mir dann sein Beileid ausgesprochen. Ich sagte ihm noch: „Seien Sie nicht böse, ich kann die Korrekturaufnahmen nicht mit abhören. Ich muss Sie bitten, das zu machen, ich bin da zu bewegt.“ Es war ja eigentlich eine schwere Arbeit, den Amor zu singen."



Edda Moser

1967 stand auch im Münchener Bach-Orchester eine bedeutungsvolle Neuverpflichtung an: der Hornist Hermann Baumann.

Hermann Baumann

"Dass ich nun zu Karl Richter stieß, verdanke ich Maurice André. Maurice André hat zu Richter gesagt: „Alles in Ihrem Ensemble passt sehr gut, der Chor, das Orchester, der Bach-Chor ist phantastisch, aber nicht das Horn.“ Und daraufhin bin ich engagiert worden und habe als erstes eine Tournee gemacht nach Italien und in die Schweiz. Auf dieser Reise hatte ich mein Debut. Bei der ersten Probe wollte er mich natürlich einmal hören. Ich bin aufgestanden und habe losgeblasen, als Solist natürlich. Am Ende war kurze Stille, ich sagte: „Wollen Sie, dass ich etwas anders mache?“ „Nein, nein!“ Und er hat so gelacht, und das ganze Orchester und der ganze Chor haben so gelacht. So etwas hatten sie noch nicht gehört, so völlig anders. "



Hermann Baumann

1968 tauchte wieder eine neuer Name auf den Konzertprogrammen des Münchener Bach-Chores auf: Horst Laubenthal.

Horst Laubenthal

"Ich erinnere mich noch an das erste Vorsingen. Da wurde ich in die Hochschule bestellt. Ich hatte die meisten Sachen noch gar nicht gesungen, nur die Matthäus-Passion, noch keine Johannes-Passion. Wir haben zwei oder drei Rezitative aus der Matthäus-Passion gemacht und die große Stelle: „Und ging hinaus und weinete bitterlich“. Dann fragte er: „Haben Sie da Zeit oder da Zeit“, und so habe ich durch das kleine Vorsingen gleich mehrere Konzerte bekommen, und ich war sehr froh, schon so früh mit Karl Richter zusammen musizieren zu dürfen. Aber ich hatte ihn auch jahrelang wirklich beobachtet, um seinen Stil in mich aufzunehmen."



Horst Laubenthal

Remembering the Era Karl Richter in Munich: Year 1966 ff. [EN]

In the meantime Maurice André had launched a grandiose career as soloist and from then onwards was not always at Karl Richter’s disposal. The trumpet position was taken over by his compatriot Pierre Thibaud. He took part in the Christmas Oratorio for the first time in Salzburg 1966 in the Festival Hall.



Pierre Thibaud

In 1966, Peter Schreier with whom Karl Richter, ever since the Kreuzschule days, shared a friendly relationship, sang the part of the Evangelist in Bach’s Matthew-Passion for the very first time on March 3, 1966 in the Congress Hall of the German Museum and two days later in the Hall of the Music Society in Vienna. It was here too that the sensational debut of the Hungarian Contralto, Julia Hamari, took place.

Julia Hamari

“I stood up for the “Erbarme dich” aria, and I think, I sang well. That was the very first Matthews-Passion of my life. Of course nobody wanted to believe me. Such a beginning was normally not possible. The aria came to an end, and I looked at him and he looked at me there was this crazy pause, this awful pause: everything stood still nobody stirred; and then the choir started very slowly to sing the choral. Then he very quickly did the subsequent Recitative, looking angrily at me all the time, as if it was my fault that he was so surprised.”



Julia Hamari

The Summer of 1967 was the start of the musical collaboration between Karl Richter and the celebrated Mozart singer Edda Moser.

Edda Moser

“I had received an engagement, through the Deutsche Grammophon Gesellschaft, that Gluck’s Orpheo was to be recorded with Fischer-Dieskau and Janowitz and I was to sing the part of Amore. Needless to say I had prepared myself prodigiously. Just one day after my Father’s death I had to appear there in Munich and sing. Richter knew, that my father had died, it had been in all the Newspapers, and he expressed his sympathy. I said to him: please don be angry with me but I can’t listen to the correction recordings. I must ask you to do that for me, I am much too deeply moved. It was in fact very hard work, singing the Amor.”



Edda Moser

1967 a very important new engagement was arranged: the Hornist Hermann Baumann joined the Bach Orchestra.

Hermann Baumann

“The fact that I happened to meet Karl Richter: was thanks to Maurice André. Maurice André had said to Richter: “Everything in your ensemble fits together very well, the choir, the Orchestra, the Bach-Choir is fantastic, but not the Horn”, and on the strength of that I was engaged and took part in the first tour of Italy and Switzerland. It was on this trip that I had my debut. At the first Rehearsal he of course wanted to hear me. I got up and let loose as soloist of course. At the end there was a short silence, I said: “Do you want me to do something else?” No, no he said, and laughed so much, that the whole Orchestra joined in and then the Bach Choir as well. They had never heard anything quite like it before.”



Hermann Baumann

In 1968 a new name appeared on the Concert Programs of the Munich Bach-Choir, Horst Laubenthal.

Horst Laubenthal

“I can still remember the first audition. I had an appointment at the Music Academy. Most of the pieces I had never sung before, only the Matthews-Passion, but not the St. John-Passion. We did two or three recitals from the Matthews-Passion, including the grand part 'Und ging hinaus und weinete bitterlich'. And then he asked me: “Do you have time at such and such a date?”, and that is how with just one small audition I was given parts in several concerts, and was very happy to be able to perform with Karl Richter at such an early stage. Although I had observed him closely for many years, in order to adopt his style.”




Horst Laubenthal

16. März 2008

Vor 40 Jahren: Bachs Johannes-Passion im Kongresssaal des Deutschen Museums

Am Samstag, den 16. März 1968, dem Tag vor dem Sonntag Okuli, gelangte Bachs Johannes-Passion im Kongresssaal des Deutschen Museums München zur Aufführung.

Die Solisten waren Lotte Schädle, Hertha Töpper, John van Kesteren, Kieth Engen sowie Peter Pears als Evangelist und Ernst-Gerold Schramm als Christus. Der Münchener Bach-Chor und das Bach-Orchester musizierten unter der Leitung von Karl Richter.



Peter Pears und Aurèle Nicolet

Karl Schumann schrieb damals in seiner Kritik in der Süddeutschen Zeitung:

"Unser gutorganisierter Kunstbetrieb kann doch nicht verhindern, dass sich noch Konzerte begeben, die wahrhaft mit Kunst zu tun haben. Die Abende mit Karl Richter tragen stets das Stigma des Künstlerischen und damit des Außergewöhnlichen ..."

"Peter Pears, mit sonorer, baritonal getönter Tenorstimme, hat die nach wie vor beispiellose Intensität und Objektivität für die mystische Diktion des Johannesevangeliums. Der junge Ernst-Gerold Schramm singt die Christus-Partie mit abgeklärter Gelassenheit" ... "Kieth Engen malt den Pilatus wie auf einem gotischen Kreuzwegbild. Die Baß-Arien singt er in Überlebensgröße, das Arioso „Betrachte meine Seel“ im ätherischen Pianissimo ..."

"Der Bach-Chor, diesmal mehr auf geschmeidigen als auf herben, schneidenden Klang abgestellt, vollbrachte vokale Virtuosenstücke in den bizarren Fugati ..."

"Das Beispiel eines mitdenkenden und mitempfindenden Instrumentalensembles gab das Bach-Orchester. Karl Richter suggerierte jeden Einsatz und jeden Phrasierungsbogen. Nach Art der großen Pultimperatoren dirigierte er vornehmlich mit den Augen und der Taktstockspitze. Seit Knappertsbusch hat man eine solche ruhige Bestimmtheit des Dirigierens nicht mehr erlebt."

11. März 2008

Die Ära Karl Richter in München: Die Jahre 1964 ff. [DE]

Einzig genial! überschrieb der Spiegel im November 1965 einen Artikel über Karl Richters künstlerische Entwicklung. Richter hatte aus Amerika den Ruf erhalten, das offizielle Kennedy-Gedenkkonzert in der New Yorker Philharmonic Hall zu spielen. Richter, sein Münchener Bach-Chor und das Bach-Orchester waren, wie der Kritiker Ulrich Dibelius befand, inzwischen zu einer Institution geworden. Und Karl Schumann sah in Richter den bedeutendsten Bach-Interpreten des Jahrzehnts.

Inzwischen hatten sich zu den bewährten Protagonisten der Konzertaufführungen und Schallplatteneinspielungen neue Namen gesellt, in der zeitlichen Reihenfolge waren dies: Hermann Prey, Johannes Fink, Maurice André, Christa Ludwig und Gundula Janowitz, Franz Crass, Ernst-Gerold Schramm, Peter Schreier, Julia Hamari, Peter van der Bilt, Hermann Baumann, Edda Moser, Horst Laubenthal, Edith Mathis und Helen Donath.



Johannes Fink inmitten von Bach-Choristen

Johannes Fink

"Ich ging im Mai 1964 in die Hochschule zum Unterricht und laufe mit meinem Cellokasten an der Pforte vorbei. Aus der Pforte stürmt ein dicker, großer, schwitzender Mann auf mich zu und fragt: „Haben Sie einen Frack? Haben Sie einen gültigen Reisepass? Sie sind engagiert.“ Dann habe ich ein bisschen gestutzt und hab gefragt, worum es denn eigentlich ginge, und dieser Mensch hat mir dann gesagt, dass in zwei Tagen eine Konzertreise des Münchener Bach-Chores und -Orchesters nach Italien stattfinden soll und ein Cellist der Oper absagen musste, weil er von seinem Chef nicht frei bekommen hat. Und jetzt braucht er dringend, unbedingt einen Cellisten.

Ich bin dann zu meinem Celloprofessor gegangen, habe ihn gefragt, und er hat gesagt: „Unbedingt zusagen, unbedingt, ganz, ganz wichtig.“ Und dann bin ich wieder zu dem Herrn Klosa, das war der Hausmeister der Hochschule und, wie sich dann später herausgestellt hat, die rechte Hand von Karl Richter, und hab' „ja“ gesagt, war dann in der Markuskirche am nächsten Tag zu zwei Proben, und am übernächsten Tag saß ich mit Frack und Reisepass, denn das waren ja meine Qualifikationen, im Zug mit Bach-Chor und Bach-Orchester."

Auf dieser Konzertreise war erstmals auch Maurice André mit dabei. Er war als Juror im Fach Trompete zum ARD-Wettbewerb 1963 nach München gekommen, hatte sich dann aber entschlossen. selber als Spieler am Wettbewerb teilzunehmen, und gewann unangefochten und überragend den 1. Preis. Karl Richter verpflichtete Maurice André sogleich für seine Aufführungen, das Debüt erfolgte auf dieser Tournee nach Italien und in die Schweiz, wo in Palermo, L’Aquila, Florenz, Turin, Mailand, Vicenza und beim Bachfest in Schaffhausen neben Haydns Schöpfung, Bachs Johannes-Passion und die h-moll-Messe auf dem Programm standen.



Maurice André auf der Italientournee 1964

Lotte Schädle

"Schon die Überfahrt von Reggio nach Messina war eine stimmungsvolle Angelegenheit. Bei sternklarem Himmel spielte Maurice André an Deck auf seiner Bachtrompete. Es war herrlich. "

Karl-Christian Kohn

"Dieses allerletzte Konzert der Italien-Reise in Vicenza, das war unheimlich. Ich hatte manchmal das Gefühl, als wenn er Todesnähe empfunden hätte. Nach dem Konzert war er ja ziemlich schweigsam, hat sich da hingesetzt, hat seinen Rotwein getrunken. Mir war unbegreiflich, dass er dann am andern Tag quicklebendig war. Aber die Art und Weise, wie er nach einem Konzert da saß, gerade da in Vicenza, der Eindruck war unglaublich. Ein Genie, hier war ein Musikgenie am Werk. Das war der Unterschied zu den anderen, auch guten Dirigenten. Aber hier war ein Genie am Werk. Ganz einwandfrei."



Karl Richter in Italien 1964

Wieder zurück in München, war die Schallplattenaufnahme von Georg Friedrich Händels Messias für die Deutsche Grammophon Gesellschaft angesagt, die erste Einspielung mit Maurice André an der Trompete. Im Februar 1965 folgte dann Bachs Weihnachtsoratorium - mit Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich und Franz Crass - und natürlich mit Maurice André, und im April brach Richter mit Chor und Orchester zur ersten Konzertreise in die USA auf.

1966 flog Karl Richter mit seinem Ensemble nach Finnland zu Konzerten in Helsinki und Turku und nur wenig später zum English Bach-Festival nach Oxford. Überall stand jeweils auch Bachs h-moll-Messe auf dem Programm, und stets war Maurice André mit von der Partie.

Hertha Töpper

"Ich weiß, dass wir in Helsinki damals eine unglaublich geglückte h-moll-Messe hatten. Da war auch wieder diese Übereinstimmung - Keilberth würde sagen, da war Gott im Raum - es war ein ungeheures Fluidum zu spüren. Da gab es ein Empfinden von „es kann überhaupt nichts passieren“. Wir waren wie unter einer Glocke. Jeder von uns gibt das Beste, aber wir wurden irgendwie geführt, wir konnten gar nicht anders, als dass jeder das Beste gab. Es war eine so geschlossene, fast schwebende Aufführung."



Karl Richter und Maurice André in Helsinki 1966

Im November 1966 gelangte im Deutschen Museum München Händels Oratorium Judas Maccabäus zur Aufführung. „Es war ein Abend des dirigentischen Glanz und Gloria“ schrieb Karl Schumann in der SZ. „und er wird durch den herben, verzückten Klang des Bach-Chores, durch Maurice Andrés Wundertrompete und durch den energischen Bogenstrich des Bach-Orchesters eine kostbare Konzerterinnerung bleiben. Der Beifall schien die Mauern von Jericho einstürzen zu können.“ ..."

Johannes Fink

"Eines Tages ruft mich der damalige Besetzungschef von Karl Richter an, der Herr Kirchner, und fragt: „Trauen Sie sich zu, in einer Bach-Passion Gambe zu spielen?“ Na ja, ich war damals 22, 23 Jahre alt, da traut man sich sehr viel zu, und ich habe natürlich „ja“ gesagt. Dann bin ich zu den ersten Proben gekommen. Karl Richter, hat mich sehr tastend angesehen, er hat kein Wort gesagt, dann war die Generalprobe der Johannes-Passion. Hertha Töpper hat die Es-ist-vollbracht-Arie gesungen. Er hat auch nach der Generalprobe kein Wort gesagt, nur, als wir dann vom Podium runter gegangen sind, kommt er zu mir her und sagt: „Aber morgen Abend spielen Sie nicht auswendig.“ Dann hab ich gesagt: „Doch, Herr Professor, ich werde auch morgen auswendig spielen, wenn ich was auswendig spiele, dann kenne ich das Stück so gut.“ Er drauf: „Was machen Sie, wenn sich jemand verspielt?“ „Das wird nicht der Fall sein.“ „Nein, ich möchte nicht, dass Sie auswendig spielen, es macht mich nervös.“

Und da musste ich ein bisschen schmunzeln, denn er hat ja alles auswendig dirigiert, gespielt, geprobt, er kannte die Taktzahlen auswendig. Ich hab dann trotzdem auswendig gespielt und er hat kein Wort darüber verloren. Man wartet schon das erste Mal, wenn man spielt, dass er sagt: „Es war gut“, oder man wartet erst recht darauf, dass er sagt: „Es war nicht gut“. Nichts gehört!"



Johannes Fink

Remembering the Era Karl Richter in Munich: Year 1964 ff. [EN]

UNIQUELY INGENIOUS!!! was the title given to an article in the Spiegel in November 1965, about Karl Richter’s artistic development. Richter had been summoned from America to play the official Kennedy Memorial Concert at the New York Philharmonic Hall. Karl Richter, his Munich Bach Choir and the Bach Orchestra had become in the meantime, as the music critic Ulrich Dibelius stated, a fixed institution on the musical scene. Karl Schumann saw in Richter one of the most significant Bach interpreters of the century.

In the meantime new names had joined the established protagonists of concert performances and gramophone recordings these in chronological sequence were: Hermann Prey, Johannes Fink, Maurice André, Christa Ludwig and Gundula Janowitz, Franz Crass, Ernst- Gerold Schramm, Peter Schreier, Julia Hamari, Peter van der Bilt, Hermann Baumann, Edda Moser, Horst Laubenthal, Edith Mathis and Helen Donath.



Johannes Fink with Bach-Choristers

Johannes Fink

"In May 1964 I was on my way to lessons at the Music Academy. I was walking past the main door with my Cello case, when suddenly a big stout perspiring man rushed out of the door in my direction and asked, “Do you have a dress coat? And do you have a valid passport? You are engaged”! I was a bit confused and asked, what it was all about, and this person told me, that in two days time a concert tour of the Munich Bach Choir and Orchestra was due to leave on it’s way to Italy and the opera cellist had had to say no, because his boss would not give him time off. And he now desperately needed a cellist.

I went to my Professor to ask his advice and he said, I should accept at all costs. I then went to the caretaker of the Academy, who was as it later transpired figuratively speaking, Karl Richter’s ”right hand”, and said, “Yes”. The next day I was in the Markuskirche for two rehearsals, and two days later with my dress coat and my valid Passport, which were so to say my Qualifications, I was sitting in the train as part of the Bach Choir and Orchestra."

Maurice André was on this Concert Tour for the first time too. He had come to Munich in 1963 to act as juror at an ARD Television Trumpet Competition, but had then decided to take part himself and won an unchallenged and outstanding first prize. Karl Richter engaged Maurice Andre on the spot for his stage performances. André’s debut took place on the concert tour in Italy and Switzerland, where in Palermo, L’Aquila, Florence, Turin, Milano, Vicenza and at the Bach Festival in Schaffhausen, where not only Haydn’s 'Schoepfung', but Bach’s Johannes Passion and the b-minor Mass a part of the program.



Maurice André during the Italian tour in 1964

Lotte Schaedle

"The crossing from Reggio to Messina was in itself an uplifting experience. Under a starlit heaven Maurice André stood on deck and played his Bach trumpet, it was glorious."

Karl Christian Kohn

"This very last Concert on the Italian tour in Vicenza was uncanny. I sometimes had the feeling, that he could feel death’s proximity. After the concert he was rather quiet, he sat down and drank his red wine. Seeing him like that, it was almost impossible to imagine, that on the next day he would be full of life again. But the way he would sit there after a Concert as he did in Vicenza, the impression it left was incredible. A genius. Here was a music genius at work. That was the difference between Richter and other good conductors; here was a Genius at work. Absolutely faultless."



Karl Richter in Italy 1964

Back in Munich it was time for the Gramophone recording of Georg Friedrich Handel’s 'Messiahs' for the Deutsche Grammophon Gesellschaft: the first recording to be made with Maurice André on the Trumpet. Bach’s Christmas Oratorio followed in February 1965, featuring Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Fritz Wunderlich and Franz Crass, and of course Maurice André. In April of the same year, Richter, together with Choir and Orchestra, set off for the very first U.S.A - Concert tour.

In 1966 Karl Richter flew with his ensemble to Finland for concerts in Helsinki and Turku and a short time later to the English Bach Festival in Oxford. Bach’s High Mass in b-minor was to be found on each and every concert program and Maurice André was always part of the team.

Hertha Toepper

I know, that once in Helsinki we had an incredibly successful b-minor Mass. There was this feeling of complete and utter harmony: Keilberth would have said, that God was present - it was a tremendous atmosphere, you had the feeling “nothing can go wrong”. It was as though we were under a protective Cloche. Every one of us gave his or her best, we felt as though we were somehow being lead and that we couldn’t do anything else but give our best. It was an enclosed and almost floating performance."




Karl Richter and Maurice André in Helsinki 1966

"In November 1966 Handel’s 'Judas Maccabaeus' was put on stage in German Museum in Munich. Karl Schumann wrote in the Sueddeutschen Zeitung: ”It was an evening full of conducting brilliance and glory and thanks to the austere, rapturous resonance of the Bach Choir, Maurice André’s wonder trumpet and the Bach Orchestra’s forceful strokes of the bow, will always remain a precious Concert memory. The applause was such it could have brought the walls of Jericho tumbling down.” ..."

Johannes Fink

"One day Karl Richter’s Casting Director, Herr Kirchner, called me and asked: “do you trust yourself to play the Bass Gambe in a Bach Passion?” Now at that time I was 22, 23 years old, an age where one trusted oneself to do a great number of things, and I of course answered with yes. I then went to the first rehearsal. Karl Richter looked at me very tentatively, but did not say a word. Then came the general rehearsal for the Johannes Passion. Hertha Toepper sang the 'Es ist vollbracht' - aria . He did not say anything after the General Rehearsal either, but when we were leaving the podium he came to me and said: “but tomorrow evening you are not to play off by heart!” But of course I’ll play by heart, Herr Professor, when I play something from memory; it means I know the piece very well. He thereupon: “And what will you do if somebody else makes a mistake??“ “That won’t happen”. “No I don’t, want you to play off by heart, it makes me nervous.”

At that I had to smile a bit because he had conducted and practiced and played everything from memory. He knew all the measures by heart. So despite everything I played by memory and he never said another word about it. When something was played for the first time, you always waited for him to say: “It was good” or maybe even more so to hear “it was not good”. Not a word was said."



Johannes Fink

7. März 2008

Ulrich Mutz auf Bayern 4 Klassik: Die 'Karl Richter in München' Trilogie auf DVD

Ulrich Mutz stellt die DVD-Dokumentation 'Karl Richter in München', über den berühmten Bach-Interpreten vor. Jetzt anhören (Quicktime, 5:05 Minuten).

Von Bayern 4 Klassik downloaden (rechte Maustaste, Ziel speichern unter ...)

4. März 2008

Die Ära Karl Richter in München: Die Jahre 1960 ff. [DE]

In den folgenden Jahren spielte Karl Richter mit seinem Münchener Bach-Chor und dem Bach-Orchester alle großen Chor- und Orchesterwerke von Johann Sebastian Bach bei der Deutschen Grammophon auf Schallplatte ein: so 1961 die Hohe Messe in h-moll, ausgezeichnet mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, 1964 die Johannes-Passion und 1965 das Weihnachtsoratorium.

Im Februar 1962, im März 1963 und im Mai 1965 gastierte Karl Richter mit Chor und Orchester in Paris. Zur Aufführung gelangten im Salle Pleyel Bach's h-moll-Messe und Johannes-Passion, die Kantate 'Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen' sowie das Mozart-Requiem.



Plakat vor dem Salle Pleyel, Paris 1961

Ansbacher Bachwoche

Hertha Töpper

"Wir waren in Neuendettelsau im Schwesternhaus untergebracht. Da wohnte daneben Aurèle Nicolet, der geübt hat, oder sonst wer. Dr. Weymar hat das Ganze betreut, und zwar sehr präzise betreut. Wir hatten die Proben nämlich an verschiedenen Orten, und da stand an jeder Ecke einer von seinen Helfern und hat gezeigt, wo es weitergeht, wo man hin zu gehen hatte. Im Palmenhaus hatten wir unseren Mittagstisch, und auch da wurde im Voraus geplant. Wenn jemand kein Schweinefleisch essen wollte, wurde das berücksichtigt und eben auch solche Dinge. Oder es gab am nächsten Tag alle Kritiken. Es wurde an alles gedacht. Und jeder kleinste Wunsch wurde selbstverständlich erfüllt.

Bach in Ansbach - das waren Sternstunden. Es war ein wunderschönes Musizieren. Und an jedem Pult saßen nur Konzertmeister, die von Aufführung zu Aufführung gewechselt haben. Alle waren wirklich Diener. Ja es war schön, wirklich schön. Richter hat natürlich fantastisch musiziert."



Ursula Buckel, Kieth Engen und Hertha Töpper (Ansbach 1963)

Kieth Engen

"Es war eine wunderbare Zeit, das Leben damals in Neuendettelsau. Wir haben uns in diesem kleinen Dorf nur für Johann Sebastian Bach Zeit genommen. Nur geprobt, nur geübt. Dann sind wir mit dem Bus nach Ansbach zur Gumbertuskirche gefahren und haben dort unsere Konzerte gegeben. Da waren sehr liebevolle Kollegen dabei, Peter Pears, Fritz Wunderlich, es waren Ursula Buckel dabei, Marga Höffgen und natürlich Hertha Töpper. Ich habe mein ganzes Leben lang mit Hertha Töpper an der Oper und bei Karl Richter die Konzerte gesungen. Sie war eine begnadete Opernsängerin und eine begnadete Bachsängerin. Diese Zeit in Ansbach hat vielleicht das Fundament für Bach bei mir gelegt. Ich bin dankbar, dass ich es erlebt habe."

Irmhild Reges

"Die größte Gaudi war für uns, wenn die Männer des Bach-Chores gegen das Orchester und die Solisten Fußball gespielt haben. An einem strahlenden Sonntag hatten sich die hübschesten Mädchen des Chores besonders nett angezogen, sie standen hinter dem Tor und haben mit allen möglichen Klapperinstrumenten eine herrliche Stimmung erzeugt. Ernst Haefliger stand an der Seitenlinie und kommentierte das Spiel wie ein Radioreporter. Wir haben bewundert, wie unglaublich sportlich Aurèle Nicolet und Otto Büchner waren. Zwei oder drei Mädchen vom Chor haben einen Lorbeerkranz geflochten und den Siegern um Otto Büchner und Paul Meisen umgehängt. Es war eine unglaubliche Gaudi für alle."



Paul Meisen und Otto Büchner im Siegerkranz (Ansbach 1961)

Paul Meisen

"Das besondere Flair von Ansbach bestand vor allem in der Gemeinschaft, die dort zusammen kam und mit jedem Tag mehr zusammenwuchs. Man lebte ja sozusagen zusammen. Der Fußball spielte auch manchmal eine Rolle, und sicherlich eine, die uns noch mehr zusammenschweißte. Aber es waren natürlich auch die musikalischen Dinge, die uns dort vereinten. Es war genau so wie später in der Münchner Zeit, die ich miterleben durfte, eben geprägt durch die zentrale Figur Karl Richter."



Probe in der Gumbertuskirche (Ansbach 1961)

1964 gestalteten Karl Richter und sein Ensemble zum letzten Mal die Bachwoche Ansbach, man hatte sich entschlossen, zukünftig ein eigenes Bachfest in München auszurichten.

Remembering the Era Karl Richter in Munich: Year 1960 ff. [EN]

In the following years Karl Richter, with his Munich Bach-Choir and Bach-Orchestra put all of Johann Sebastian Bach’s greatest choral and orchestral works onto Grammophone Records for the Deutsche Grammophon Company: in 1961 the High Mass in b-minor, which was awarded the Deutsche Grammophon Review Prize, 1964 the St. John Passion and in 1965 the Christmas Oratorio.

In February 1962, in March 1963 and in May 1965 Karl Richter, as guest conductor with the Munich Bach-Choir and Bach-Orchestra in Paris in the Salle Pleyel, successfully presented Bach’s Mass in b-minor, the St. John Passion, the Cantata 'Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen' and the Mozart’s Requiem.



Plakat at the Salle Pleyel, Paris 1961

Ansbacher Bachwoche (Bach week)

Hertha Toepper

"We were in Neuendettelsau we stayed in the convent. Next door to Auréle Nicolet or whoever was there for rehearsals. We were looked after by Dr. Weymer and very precisely looked after. We had rehearsals in different places, and on every corner there was one of his helpers to tell us where to carry on to. The midday meal was in the Palmhouse and that was also planned in advance. If someone did not want to eat pork for example, that was taken into account of as well as other such problems. Or the next day was for all the reviews. Every thing was taken into consideration and it went without saying that every wish no matter how small was fulfilled.

Bach in Ansbach, those were magical moments. The music making was wonderful. At every music stand there were concertmasters, who where changed from one performance to the next, they really waited on us. Yes it was beautiful, really beautiful. Richter’s musical performance was of course fantastic."



Ursula Buckel, Kieth Engen und Hertha Toepper (Ansbach 1963)

Kieth Engen

"It was a wonderful time, the life we lead in Neuendettelsau. There in that little village our time was spent just for Johann Sebastian Bach. All we did was to practice and rehearse: then we were driven by bus to Ansbach in the Gumbertus Church to perform our Concerts. There were many well-loved colleagues present, Peter Pears, Fritz Wunderlich, Ursula Buckel and Marga Hoeffgen were there as well and of course, Hertha Toepper. I sang all my life with Hertha Toepper at the Opera and in Karl Richter’s Concerts. She was an exceptionally gifted Bach singer. The time spent in Ansbach maybe laid the Bach foundations for me. I am very grateful to have had the experience."

Irmhild Reges

"The greatest fun for us was, when the male members of the Bach-Choir played football against the members of the Orchestra and the soloists. On a radiant Sunday the prettiest girls belonging to the choir had got dressed up to the nines and, with all manner of clattering instruments, placed themselves behind the goal creating a glorious distraction. Ernst Haefliger stood on the sidelines giving a commentary of the game just like a radio reporter. We admired how unbelievably sportive Auréle Nicolet and Otto Buechner were. Two or three of the girls from the choir had made a laurel wreath for the winners Otto Buechner and Paul Meisen. It was tremendous fun for all of us."



Paul Meisen and Otto Buechner wearing the winners wreath (Ansbach 1961)

Paul Meisen

"Ansbach’s Special flair laid most of all in the community spirit that developed and became stronger every day. One lived so to say together. The football played a role sometimes too, one that surely welded us even more together. But it was of course the musical things that joined us together most of all. It was exactly the same as later in the Munich period, which I was lucky to be a part of; the peculiar character of this time indelibly marked by the central figure of Karl Richter."



Rehearsal in the Gumbertuskirche (Ansbach 1961)

In 1964 for the last time, Karl Richter and his ensemble arranged and took part in the Bachwoche in Ansbach. They decided to arrange from now on a Bach festival on their own in Munich.