9. Januar 2008

Die Ära Karl Richter in München: Das Jahr 1951 [DE]

Im Oktober 1950 wurde Pfarrer Dr. Theodor Heckel als neuer Dekan an St. Markus und als Stadtdekan in München eingeführt. Sein Organist und Kantor, Michael Schneider, hatte 1951 einen Ruf nach Detmold erhalten, und so galt es, die Stelle an St. Markus neu zu besetzen.

Da traf es sich, dass der Thomanerchor Leipzig zu einem Konzert in die Markuskirche nach München kam.


Karl Richter als Chorpräfekt in der Kreuzschule Dresden 1946

Dekan Heckel erzählte dem damaligen Thomaskantor Günther Ramin von der vakanten Stelle an St. Markus, worauf Ramin, wie Heckel in seinen Lebenserinnerungen schreibt, spontan erwiderte: "Da kann ich Ihnen Karl Richter empfehlen, meinen Thomasorganisten." Und mit der ausdrücklichen Bemerkung: "Der kann mehr als ich!"


Karl Richter als Thomasorganist in Leipzig 1949

Aus dem Interview mit Karl Heckel:

"Eines Tages kam beim Frühstück die Bitte meines Vaters an mich, dass ich mich doch heute um 11 Uhr bereit halten sollte, da käme der Thomasorganist Karl Richter und würde vorspielen. Ich könne ihm doch die Orgel zeigen und die wesentlichen Klänge, denn er hätte wenig Zeit und er müsse sich dann viel zu schnell zurecht finden, was ich ja schon könne, da ich schon immer auf der Orgel gespielt hätte."



Karl Heckel als Theologiestudent vor dem Orgelpositiv in der Markuskirche

"Um 11 Uhr kam dann ein mittelgroßer Mensch in einem weißen Staubmantel und wurde mir als Karl Richter vorgestellt. Hier begegneten wir uns an der Orgel zum ersten Mal. Ich zeigte ihm die verschiedenen Werke und Klangkombinationen, die er anwenden konnte, und da sagte er: „Ich sehe, Sie kennen die Orgel sehr gut, ich würde es auch so machen wie Sie.“ Dann spielte er seine Programm-Nummern durch und rief mir nur zu, welches Register ich an der und jener Stelle ziehen sollte. Das klappte auch hervorragend. "



Pfr. Karl Heckel beim Interview am 8. Dezember 2004 in Heroldsberg

"Ich kann mich nicht mehr an alle Stücke erinnern, ich weiß aber, es war dabei die Toccata d-moll, die ja auch heute noch auf Hörer großen Eindruck macht, dann war dabei der Schüblersche Choral Wachet auf, ruft uns die Stimme, sehr getragen gespielt, und es war dann auch das große Werk B-A-C-H von Reger dabei."

Trotz mancher Widerstände gegen einen „so jungen Kantor“ wurde der 25jährige Karl Richter im Oktober 1951 als Nachfolger von Michael Schneider an die Markuskirche berufen, gleichzeitig trug ihm Prof. Robert Heger, der Präsident der Hochschule für Musik, einen Lehrauftrag für Orgelspiel und evangelisches Choralspiel sowie die Leitung des Hochschulchores an.

Nach wenigen Wochen, am 25. November 1951, gab Karl Richter mit dem Heinrich-Schütz-Kreis das erste Konzert an St. Markus, das Programm umfasste mehrstimmige Motetten und Orgelwerke.