28. März 2007

Mitschnitt aus 1953: Karl Richter’s Vortrag im Orgel-Improvisations-Wettbewerb St. Bavo, Haarlem

Dott. Michele Bosio aus Cremona (Italien) hat uns auf einen fast schon sensationell zu nennenden Link zur Website der NCRV (Niederländische Christliche Radio Vereinigung) aufmerksam gemacht, die u.a. mehr als 50 historische Orgelaufnahmen enthält.


Karl Richter im Jahr 1953

Im Jahr 1953 hatte Karl Richter an dem seit 1951 alle zwei Jahre stattfindenden Orgel-Improvisations-Wettbewerb in der St. Bavo Kirche der niederländischen Stadt Haarlem teilgenommen und war bis in die Endausscheidung der besten drei gekommen. Von diesem Finaldurchgang gibt es den Mitschnitt einer dreisätzigen Improvisation nach Themen von Adriaen Engels.

Hier können Sie das gesamte Werk mit einer Spieldauer von 15:40 Minuten hören.



St.-Bavo (niederländisch: Grote of Sint-Bavokerk, Namenspatron ist der Heilige Bavo), wurde ursprünglich im 15. Jahrhundert als katholische Kathedrale im gotischen Stil erbaut und 1578 in eine protestantische Kirche umfunktioniert. Die letzte umfassende Restaurierung des Kircheninneren erfolgte in den Jahren 1981-1985.


Grote of Sint-Bavokerk

Am 14. März 1735 beschloss der Magistrat von Haarlem, eine neue Orgel in der großen Kirche bauen zu lassen, "die der Größe und Schönheit dieser Kirche einigermaßen entsprechen sollte". Die alte Hauptorgel dieser großen Kathedrale, die schon fast 300 Jahre an der nördlichen Chorwand hing, war unbrauchbar geworden. Den Auftrag erhielten der Orgelbauer Christian Müller sowie der Bildhauer Jan van Logteren, beide wohnhaft in Amsterdam. Am 14. September 1738 wurde die Orgel feierlich eingeweiht.


Die Müller Orgel von 1738

Der Ruhm der Orgel verbreitete sich rasch; viele ausländische Reisende besuchten Haarlem, um sie kennen zu lernen und auf ihr zu spielen. Zu ihnen gehörten auch Georg Friedrich Händel und Wolfgang Amadeus Mozart. Vater Leopold Mozart schrieb, nachdem der 10-jährige Wolfgang Amadeus Mozart eine ganze Stunde auf der Orgel präludiert hatte, begeistert nach Salzburg über "der so berühmten Orgel in Haarlem" und beschrieb das Instrument als "ein vortreffliches schönes Werk von 68 Register, alles Zinn, denn Holz dauert nicht in diesem feuchten Land".

Gründliche Überholungen von Technik und Mechanik sowie eine Anpassung an die musikalischen Anforderungen der jeweiligen Zeit erfolgten 1866 und 1901. Eine erneute Restaurierung schließlich - durch die Firma Marcussen & Søn aus Dänemark - wurde 1959 notwendig. Die undichten Windläden hatten in starkem Maße Wind-und Druckverlust verursacht, wodurch der Klang geschwächt wurde und der Ton des Pedals bei vollem Spiel sogar ausfiel. Ein weiteres wesentliches Ziel der Restaurierungsarbeiten war die Wiederherstellung des originalen Klangbilds und der Disposition von Christian Müller.