4. Januar 2006

Der klare Klang des Bach-Chors

Unter der Überschrift

Der klare Klang des Bach-Chors
Zeitzeugen erinnern sich an Karl Richters Wirken in München

schreibt Ellen Kohlhaas in der FAZ Nr. 3 vom 4. Januar 2006, Seite 30:

"Zwischen 1951 und 1980 eroberte der Dirigent, Organist und Cembalist Karl Richter die Wagner- und Strauss-Bastion München so erfolgreich für Johann Sebastian Bach, daß viele Mitstreiter von damals noch heute bekennen, von Richter und Bach für ihr Leben geprägt worden zu sein [...]

Am 15. Februar 2006 jährt sich sein Herztod in einem Münchner Hotel zum fünfundzwanzigsten Mal, am 15. Oktober wäre der Kantoren- und Pastorensohn aus dem vogtländischen Plauen achtzig Jahre alt geworden - Gründe genug für eine Dokumentation der fast dreißig Münchner Jahre aus dem Blickwinkel von mehr als dreißig Mitstreitern und Zeitzeugen. Interviews, Berichte und Nachrufe, angereichert mit Fotodokumenten, summieren sich zu einem oft nur anekdotischen Puzzle, aus dem sich Konstanten herausfiltern lassen: Richters aufführungspraktische Wandlung von der kraftvollen, motorischen Energie und dem vital gespannten Furor der früheren Jahre bis zu den breiten Tempi, den zum Zerreißen gespannten Zäsuren und zelebrierten Ritardandi des Spätstils; seine Umtriebigkeit, ja Getriebenheit in schwindelerregendem Arbeitspensum weit über München hinaus; die innere Hektik dieses sich vorzeitig selbst verbrennenden Lebens, aber auch die immer wieder mit Furtwängler verglichene, kaum beschreibbare Ausstrahlung, die in den Beiträgen Richters Magie und Aura genannt wird und in oft religiös oder erotisch getöntem Vokabular auf eine fast kultische Verehrung des Künstlers schließen läßt; das in den Anforderungen an sich und seine "Instrumente" - Solisten, Bach-Chor und -Orchester - rigorose Musikantentum dieser verschlossenen Persönlichkeit; das kreative Improvisieren beim Dirigieren und Spielen, das Mitwirkende zu höchster Aufmerksamkeit zwang, in seiner Unberechenbarkeit jede Routine verhinderte.

Zwar war Bach die Zentralfigur in Richters Repertoire, auf die er von Veranstaltern und Rezipienten allzusehr festgelegt wurde. Doch die "Chronik wichtiger Daten des Münchener Bach-Chores", im Anhang des Buchs, verrät den hohen Anteil anderer Komponisten von Heinrich Schütz über Händel, Mendelssohn, Brahms, Bruckner und Verdi bis zur klassischen Moderne [...]

Minutiös listet die Chronik die Konzertreisen durch Europa, die Sowjetunion, Amerika und Japan auf sowie die zahlreichen Schallplatten, die nach dem Zeugnis mehrerer Interviewpartner jedoch Richters Spontaneität nur unzulänglich wiedergeben können.

Viele der befragten Sänger, Instrumentalisten und Chormitglieder erzählen auch von sich selbst. So wird der Arbeitsalltag einst weltberühmter Musiker nachvollziehbar, die ihr Wissen und Können an jüngere Generationen weitergeben, darunter Dietrich Fischer-Dieskau, Julia Hamari oder Edda Moser. Solche Namen bezeugen Richters hohe Ansprüche in der Auswahl seiner Kollegen, die zu fast wortloser Korrespondenz mit ihm bereit sein mußten [...]"

Die komplette Rezension gibt es auf FAZ.net (für 1,50 Euro, frei für Abonnenten) frei hier