10. Januar 2007

Jürgen Rasch erinnert sich an Karl Richter und den Münchener Bach-Chor

... Der Bach-Chor hat eigentlich unser Leben bestimmt. Nicht nur dadurch, dass wir zweimal in der Woche zur Probe gingen und die Konzerte hatten, wir hatten vielmehr gar keine Zeit, Lust und Interesse für andere Dinge. Die jungen Leute sind damals zum Tanzen in die Beatschuppen gegangen, Discos gab es ja noch nicht. Wir sind zu den Proben gegangen, zu den Schallplattenaufnahmen, in die Markuskirche.


Jürgen Rasch Mitte der 1960er Jahre

... Meine erste Konzertreise im Bach-Chor führte 1964 nach Italien. Wir sind am Vormittag in München mit dem Zug losgefahren, waren am nächsten Morgen, 24 Stunden später, in Kalabrien, sind dann mit der Fähre nach Sizilien übergesetzt und kamen am frühen Nachmittag - nach 36 Stunden Bahnfahrt - im Hotel in Palermo an. Eine Stunde später war bereits Abfahrt mit dem Bus nach Monreale. Das Orchester probte bereits in der Kathedrale die Einleitung von Joseph Haydns Schöpfung. Keiner von uns wird den Augenblick vergessen, als wir - unter den Klängen von Haydns Musik - zur ersten Probe in diese riesige Kirche mit den herrlichen Mosaiken und dem großen Christus in der Apsis kamen.

... Beim Empfang während der zweiten UdSSR-Reise 1970 war auch Egon Bahr anwesend, damals Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Er war zu dieser Zeit gerade in Moskau tätig und hatte auch unser Konzert besucht. Wir vom Chor unterhielten uns mit Egon Bahr und wollten unter anderem von ihm wissen, wie Leonid Breschnew wirklich war. Er hat uns das aber nicht gesagt.