Am 11. Oktober 1967 führten Karl Richter, sein Münchener Bach-Chor und Bach-Orchester mit den Solisten Agnes Giebel, Ernst Haefliger und Karl-Christian Kohn im Kongresssaal des Deutschen Museums Joseph Haydns „stürmisch-bewegte" (Joachim Kaiser) Jahreszeiten auf.
Agnes Giebel
Ernst Haefliger
Karl-Christian Kohn
In der Abendzeitung war die folgende Kritik zu lesen:
"Glanzvolle Jahreszeiten
Karl Richter ließ keinen Gedanken ans biedermeierliche Zerrbild vom Papa Haydn aufkommen. Er riss das Bach-Orchester und den Bach-Chor (dessen Damen jedenfalls im Optischen immer attraktiver werden) mit sich fort in einer wilden, verwegenen Begeisterungsjagd. Kein ablenkendes Verweilen beim malerischen Detail, bei der hübschen Figur - sondern dramatisches Aufspannen des Werks, so dass der rhythmische Pulsschlag, der den ganzen Organismus belebt, zwingend deutlich wurde.
Die Stimmen liefen zusammen und überkreuzten sich wie in einem schwingenden, federnden Netz. Richter packte es mit kühn ausgreifenden, ja manchmal ekstatischen Dirigierbewegungen. Eine Zusammenarbeit zwischen ihm, den Musikern und Sängern, die bei allem Temperament und aller Konzentration keinen ärgerlichen Schweißtropfen auf die ausdrucksvolle Musik fallen ließ. Im Gegenteil, so erdenleicht und feurig-rein wird man die Jahreszeiten wohl für Jahre nicht mehr erleben.
Glanzvoll die Gesangssolisten: Ernst Haefliger versetzte aus dem Konzertsaal an Ort und Stelle in seiner Cavatine der Sommerhitze und der Arie des Winterwanderers: Die Verzauberung durch ein magisches Piano und ein beklemmendes Ritardando. Agnes Giebel sang als tönend gewordene Anmut - etwa das kokette, auf deutsch, lose Lied vom „Mädchen, das auf Ehre hielt". Karl-Christian Kohn ließ viele ungewöhnliche Nuancen hören. In der letzten Arie „Erblicke hier, betörter Mensch, erblicke deines Lebens Bild" kam zu der prachtvollen Stimme noch solcher Ausdruck hinzu - hier fast apokalyptischer Mahnung -, wie er nur ganz wenigen Sängern zu Gebote steht.