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30. Oktober 2007

Vor 40 Jahren: Probenplan Münchener Bach-Chor (6)

Hier nun der sechste (und letzte) Teil des Probenplan aus dem Jahr 1967 (31. Oktober bis 31. Dezember)

26. Oktober 2007

Vor 40 Jahren: Konzertreise nach England vom 27. - 30. Oktober 1967

Am Freitag, den 27. Oktober 1967, flogen Karl Richter, sein Münchener Bach-Chor und das Bach-Orchester um 15.30 Uhr mit der Lufthansa Maschine LH 874 von München Riem nach Birmingham. Von dort ging es gleich weiter mit mit Bussen nach Coventry.



Foto: Am Reisebus in Coventry


Am späten Vormittag des nächsten Tages trafen sich die Mitwirkenden in der neuen Kathedrale zur Probe für das abendliche Konzert, Bachs h-moll-Messe. Inzwischen waren auch die Gesangssolisten eingetroffen:
Agnes Giebel (Sopran), Norma Procter (Alt), Horst Wilhelm (Tenor) und Peter van der Bilt (Bass). Konzertmeister war Werner Grobholz.



Foto: Kathedrale in Coventry

Am Nachmittag hatte ich die Gelegenheit, Karl Richter - mit seinem Einverständnis - beim Üben an der großen, viermanualigen Orgel zuhören zu können. An diesem, gerade für uns Deutsche so geschichtsträchtigen Ort war das ein überwältigendes Erlebnis.



Foto: Karl Richter an der Orgel in Coventry

Ohne die übliche Pause zwischen Gloria und Credo stand am Abend um 19.45 Uhr Bachs h-moll-Messe auf dem Programm, eine recht anstrengende Angelegenheit, wie Jürgen Rasch im zweiten Teil der Film-Trilogie so anschaulich schildert.


Foto: Titelseite Programm Coventry

Bereits um 9.00 Uhr war am darauffolgenden Sonntag-Morgen die Abfahrt mit Bussen nach Newcastle. Geplant war ein gemeinsames Mittagessen im Hotel Merrion in Leeds. Aber... wir sind dann mit dem Bus quer durch England nach Newcastle gefahren, um dort die h-moll-Messe zu singen. Da wir so spät dran waren, sind wir nicht ins Hotel, sondern gleich zum Konzertsaal gefahren, ohne Essen - und dann zwei Stunden h-moll-Messe! (Zitat: Jürgen Rasch)


Foto: Programm Newcastle

Das Konzert fand um 19.30 Uhr in der City Hall statt. Auch anschließend gab es keine Möglichkeit mehr, etwas zu essen, da die Restaurants zur damaligen Zeit in Newcastle an Sonntagen um diese Zeit bereits geschlossen waren.

Am Montag, den 30. Oktober 1967, war für 10.45 Uhr die Abfahrt der Busse zum Flughafen angesetzt, Abflug war um 12.30 Uhr, wiederum mit der LH 874. Drei Stunden später landete das gesamte Ensemble wohlbehalten in München Riem.

24. Oktober 2007

Neues von David Pia, dem Enkel Karl Richters



Die künstlerische Laufbahn von Karl Richters Enkel, dem Cellisten David Pia, hat in den vergangenen Monaten ständig an Intensität zugelegt. Beim 13. Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb 2007 gewann der Solo-Cellist des Münchner Rundfunkorchesters den 6. Preis. Die ersten fünf Plätze waren - auch zum Unwillen des Publikums - offensichtlich für die Schüler der Jury-Mitgliedern reserviert (siehe auch auf FAZ.net 3.07.2007 'Sonderbeziehungen').

Zudem wurde ihm der 1. Preis für die beste Interpretation des Pflichtstückes überreicht, einer Violoncellosonate der russischen Komponistin Tatjana Shudova.

Am 17. Oktober 2007 spielte David Pia im 1. Konzert Filmmusik made in Austria der neuen Reihe 'Mittwoch um halb acht' im Prinzregententheater München den Solopart in Erich Wolfgang Korngolds Konzert für Violoncello und Orchester in einem Satz C-Dur, op. 37 (aus dem Film Verführerische Leidenschaft). Das Konzert wurde live in B4 Klassik übertragen, so konnten alle interessierten Musikfreunde die überragende musikalische Leistung von David Pia miterleben.

20. Oktober 2007

Vor 40 Jahren: Bachs h-moll-Messe in der Berliner Philharmonie





Am Sonntag, den 22. Oktober 1967, flogen Karl Richter, sein Münchener Bach-Chor, das Münchener Bach-Orchester und die Solisten Lotte Schädle (Sopran), Marie-Luise Gilles (Alt), Werner Krenn (Tenor) und Ernst-Gerold Schramm (Bass) um 9.00 Uhr von München-Riem mit der PAN AM nach Berlin.

Dort gab es eine kurze Stellprobe, dann ein gemeinsames Mittagessen, und um 15.30 gelangte Bachs h-moll-Messe anlässlich des 450jährigen Reformationstages in der Philharmonie zur Aufführung. Gleich nach dem Schlussbeifall ging es zurück zum Flughafen Tempelhof, um 20.25 Uhr landete der Flieger wieder in München.

In einer Berliner Zeitung war über das Konzert u.a. Folgendes zu lesen:

"...Man mag persönlich eine Bach-Interpretation bevorzugen, die die musikalischen Verläufe objektiver nachzeichnet und die polyphonen Strukturen für sich sprechen lässt; und doch konnte man sich von Richters emotionaler Konzeption der h-moll- Messe faszinieren lassen, in der sich große subjektive Tradition seiner Lehrer Straube und Ramin mit zeitgenössischem Perfektionismus verbindet.

Mit suggestiver Schlagtechnik auswendig dirigierend, feuerte Richter zu forschen Tempi an, reihte die Sätze eng aneinander und formte mit Ritardandi und dynamischen Steigerungen die Messe zeitweise zu einem spannenden Drama um. Das Orchester war mit allen Solisten und in jeder Gruppe vom blitzsauberen Trompetenchor bis zu den Continuo-Spielern hervorragend, und der Chor, in allen dynamischen Extremen klangvoll und deutlich, hat eine Koloraturfertigkeit, die mit manch allzu geschwind angeschlagenem Tempo versöhnte ... Der Beifall der vollbesetzten Philharmonie für die Münchner Gäste war mit recht groß ..."

15. Oktober 2007

Heute: 81. Geburtstag Karl Richter

Karl Richter wurde am 15. Oktober 1926 in Plauen (Vogtland) geboren. Am heutigen Montag wäre er 81 Jahre alt geworden.

14. Oktober 2007

Vor 40 Jahren: Probenplan Münchener Bach-Chor (5)

Hier nun der fünfte Teil des Probenplan aus dem Jahr 1967 (13. - 30. Oktober)

9. Oktober 2007

Vor 40 Jahren: Joseph Haydn's Jahreszeiten im Kongresssaal des Deutschen Museum

Am 11. Oktober 1967 führten Karl Richter, sein Münchener Bach-Chor und Bach-Orchester mit den Solisten Agnes Giebel, Ernst Haefliger und Karl-Christian Kohn im Kongresssaal des Deutschen Museums Joseph Haydns „stürmisch-bewegte" (Joachim Kaiser) Jahreszeiten auf.



Agnes Giebel


Ernst Haefliger


Karl-Christian Kohn

In der Abendzeitung war die folgende Kritik zu lesen:

"Glanzvolle Jahreszeiten

Karl Richter ließ keinen Gedanken ans biedermeierliche Zerrbild vom Papa Haydn aufkommen. Er riss das Bach-Orchester und den Bach-Chor (dessen Damen jedenfalls im Optischen immer attraktiver werden) mit sich fort in einer wilden, verwegenen Begeisterungsjagd. Kein ablenkendes Verweilen beim malerischen Detail, bei der hübschen Figur - sondern dramatisches Aufspannen des Werks, so dass der rhythmische Pulsschlag, der den ganzen Organismus belebt, zwingend deutlich wurde.

Die Stimmen liefen zusammen und überkreuzten sich wie in einem schwingenden, federnden Netz. Richter packte es mit kühn ausgreifenden, ja manchmal ekstatischen Dirigierbewegungen. Eine Zusammenarbeit zwischen ihm, den Musikern und Sängern, die bei allem Temperament und aller Konzentration keinen ärgerlichen Schweißtropfen auf die ausdrucksvolle Musik fallen ließ. Im Gegenteil, so erdenleicht und feurig-rein wird man die Jahreszeiten wohl für Jahre nicht mehr erleben.

Glanzvoll die Gesangssolisten: Ernst Haefliger versetzte aus dem Konzertsaal an Ort und Stelle in seiner Cavatine der Sommerhitze und der Arie des Winterwanderers: Die Verzauberung durch ein magisches Piano und ein beklemmendes Ritardando. Agnes Giebel sang als tönend gewordene Anmut - etwa das kokette, auf deutsch, lose Lied vom „Mädchen, das auf Ehre hielt". Karl-Christian Kohn ließ viele ungewöhnliche Nuancen hören. In der letzten Arie „Erblicke hier, betörter Mensch, erblicke deines Lebens Bild" kam zu der prachtvollen Stimme noch solcher Ausdruck hinzu - hier fast apokalyptischer Mahnung -, wie er nur ganz wenigen Sängern zu Gebote steht.

2. Oktober 2007

Film-Dokumentation: Karl Richter Trilogie Teil 3 (Schluss)

Faszination seines Musizierens

In Kürze erscheint der dritte und letzte Teil der Karl Richter Film-Trilogie (ISBN 978-3-00-022647-2), mit dem Untertitel Faszination und Interpretation. Hier vorab einige Ausschnitte aus den Interviews der Zeitzeugen zu Richters Interpretationsansätzen. (Fortsetzung und Schluss)



Hermann Baumann

...Alle fanden es unglaublich, wie jemand sich vor einen Chor und ein Orchester stellt und eine solche Musik macht, dass die Leute über Hunderte von Kilometern anreisen, um das zu hören. Man kann es nicht in Worte fassen. Erfassen konnte man es nur, wenn man unter den Zuhörern saß.

Everybody found it unbelievable the way somebody could stand in front of a choir and an orchestra and produce such music that people came from hundreds of kilometres away to listen to it. You can’t explain it in words you could only really grasp it when you sat there in the audience, even on Television it was only partially felt. (Hermann Baumann)


...Wenn er dirigierte, und das hat das Publikum nicht gesehen, aber wir, ging ein Licht von ihm aus, und er war plötzlich groß und schön. Und hatte eine Aura von Schönheit um sich durch die Musik, durch seine innere Verbindung mit der Musik und durch sein Leben mit dieser Musik.

When he conducted, and the audience could not see him, but we, could A special light radiated from him, this small person became taller and handsome. An aura of beauty surrounded him, given to him by the music, by his intrinsic association with music, by his life with music. (Kieth Engen)



Ursula Buckel

... Bei Richter hatte ich wirklich das Gefühl gehabt, ich bin ein Instrument, er benutzt mich als Instrument, ich singe aus ihm heraus. Ich fühlte mich geführt, obwohl er das nicht erzwungen hat.

With Richter, I really had the feeling that I was an instrument. he used me like an instrument. I felt myself guided, very much guided although he never forced anything. (Ursula Buckel)



Aurèle Nicolet

Einmal, bei der Aufnahme der h-moll-Sonate, die wir in München machten, probten wir vorher noch etwas. Da sagte er zu mir: "Aurèle, warum phrasierst du so viel? Du phrasierst seit 30 Jahren, du weißt das. Lass doch fließen." Das war seine Kunst, die Musik fließen zu lassen.

Once during the recording of the B-Minor Sonata, which we did in Munich, we rehearsed a bit beforehand. Then he said to me, "Aurèle why do you phrase so much, you’ve been phrasing for the last 30 years, and you know it, let it flow." That was his artistry, he could let the music flow. (Aurèle Nicolet)



Lotte Schädle

Sein Dirigieren war für den Sänger äußerst tragend, und ich möchte sagen, man wurde mitgerissen von seiner Diktion, seiner Klarheit, seiner Spontaneität und seiner Begeisterung. Man wurde getragen und geführt von ihm.

His conducting was extremely supportive for the singer. One would be carried away by his diction, his spontaneity and his enthusiasm. One was borne and guided by him. (Lotte Schädle)



Karl Richter hatte die Fähigkeit, urplötzlich das Herz zu berühren. Man spürte, dass seine Interpretation noch ein wenig mehr Wahrheit in der Musik entdeckt und die Text-Musik-Beziehung unmittelbar in das eigene Seelenleben transportiert.

Karl Richter possessed the ability to unexpectedly touch the heart. One had the feeling, that his interpretation discovered a bit more truth in the music and that the text-music correlation had been transported directly into ones own spiritual life. (Christian Kabitz)

(Schluss / End)

Teil 3 der Karl Richter Triologie erscheint Anfang November 2007 auf DVD (Deutsch/English)

Bestellungen u.a. im Karl Richter Online Shop (Conventus Musicus)

Film-Dokumentation: Karl Richter Trilogie Teil 3 (Fortsetzung)

In Kürze erscheint der dritte und letzte Teil der Karl Richter Film-Trilogie (ISBN 978-3-00-022647-2), mit dem Untertitel Faszination und Interpretation. Hier weitere Ausschnitte aus den Interviews der Zeitzeugen zu Richters Interpretationsansätzen. (Teil 2)

Abstände zwischen Rezitativ und Arie bzw. Chor (Choral)

Was ich besonders faszinierend bei Richter fand, das waren die Abstände zwischen Rezitativ und Arie. Die waren immer unterschiedlich. Es konnte sein: Herr, bin ichs, bin ichs, bin ichs, das heißt, dass man sitzen blieb. Und dann kam erst der Choral "Ich bins, ich sollte büßen". Oder es konnte sein, dass er unmittelbar anschloss. Und diese unterschiedlichen Pausen, die waren immer richtig. Ganz egal, ob eine lange Pause oder eine kurze Pause, die Beziehung war immer da und hatte immer eine bestimmte Bedeutung. Immer unterschiedlich, immer richtig.

What I found particularly fascinating about Richter was the intervals between Recitative and Aria or, as the case may be, Chorals. They were always varied. It could be "Herr bin ich’s bin ich’s, bin ich’s" so that you remained sitting . And then came the first Choral "Ich bin’s ich sollte büssen". Or it could be that he followed up immediately. And these varying intervals, they were always right. It didn’t matter if it was a long interval or a short one, correlation was always there and always had a special significance Always varied , always correct. (Paul Meisen)



Spontaneität des Continuo-Spiels

Was mich fasziniert hat, war seine Umspielung von den Rezitativen. Dass einer so die Dinge musikalisch charakterlich umspielen kann, das hatte ich bis dahin noch nie erlebt gehabt. Er hat Musik gemacht, wie andere gesprochen haben! Man hatte immer das Gefühl, er macht kein Konzept, sondern er spielt, wie ihm zu Mute ist, sofort aus der Faust, aus den Händen heraus.

What fascinated me was the way the music played around the recitative. That somebody could so characteristically let the music flow around everything, I had never experienced anything like it before. He made music the way others talked! One always had the feeling, that he followed no particular concept, but played, just as he felt , spontaneously, off the cuff. (Karl-Christian Kohn)

Als sehr kreativer und spontaner Musiker nützte er jede Gelegenheit, sich auch am Cembalo kreativ zu betätigen. Da gab es dann manchmal große Überraschungen. Ich spielte damals alles auswendig, und wenn dann seine Cembalo-Konzerte in einer Händel-Sonate plötzlich aufbrausten, da war ich natürlich irritiert, schon fasziniert, aber ich musste mich furchtbar konzentrieren, um dabei zu bleiben. Das war sehr spannend, aber nicht ganz einfach.

As a very creative and spontaneous musician he used every opportunity to play the cembalo. And then, sometimes surprises would happen. At that time I used to play everything off by heart, and when his Cembalo would suddenly flare up in the middle of a Haendel Sonata I was of course both irritated and fascinated, but I really had to concentrate to keep up with him. It was very exciting but never very easy. (Peter-Lukas Graf)



Franz Kelch

Niemand hatte bisher so wie Karl Richter die Cembalo-Begleitung der Rezitative improvisiert. Der letzte Akkord war noch nicht verklungen, die linke Hand lag noch auf der Tastatur, und mit der rechten Hand hat er schon den Einsatz gegeben. Das führte zu einer Konzentration des Musizierens, wie sie vor Richter noch niemand fertig gebracht hatte.

Up until then nobody had ever improvised the cembalo accompaniment for the recitative the way Karl Richter did. The last accord had hardly died away, when, with his left hand still resting on the keys, his right hand gave the signal to start. This led to a concentration, which up until Richter had been unknown in the music world. (Franz Kelch)



Ernst Haefliger

Wir haben uns sehr gut verstanden. Er hat ja am Cembalo jedes Mal anders gespielt, und ich konnte ihm gut folgen. Also bei mir gab es nicht nur Akkorde oder Dreiklänge. Ich habe immer geführt, ich habe immer bewusst geführt. Er hat den Bass im Continuo hervorragend herausgebracht, da hatten wir das gleiche Gefühl. Ich habe auch die Rezitative nicht nur gesprochen, sondern auf der Linie gesungen und die vom Text her wichtigen Punkte angestrebt. Aus dem hat sich dann die Interpretation herausgeschält.

We understood one another very well. Every time he played the Cembalo it was different. But I could always follow him very well. So with me it was not only chords or triads. I always took the lead, I always purposely took the lead. It was astounding the way he brought out the bass in continuo, there our feelings were the same. I not only spoke the recitative, but sang along the line, aiming at the most important points in the text, out of which the interpretation then materialised. (Ernst Haefliger)

Film-Dokumentation: Karl Richter Trilogie - Vorschau Teil 3

In Kürze erscheint der dritte und letzte Teil der Karl Richter Film-Trilogie (ISBN 978-3-00-022647-2), mit dem Untertitel Faszination und Interpretation.

Hier vorab einige Ausschnitte aus den Interviews der Zeitzeugen zu Richters Interpretationsansätzen.



Artikulation

Bei Karl Richter hat man einen Begriff von Artikulation bekommen. Er uns sehr klar gemacht, wie eine Artikulation zu sein hatte, und er hat auch beklagt, dass Orchestermusiker von Natur aus so wenig artikulieren können.

With him one learnt for the first time the meaning of the term articulation. He made it very clear to us how articulation was to sound, and he always regretted that orchestra musicians inherently were unable to articulate well. (Paul Meisen)

Da war ein Student, der ein Bachstück spielte, und Richter ging auf der Empore hin und her, und hörte zu. Dann sah ich von weitem, wie er ihm kurz etwas zuflüsterte, und dann sagte er: "Ich spiel mal selber." Und er setzte sich hin, und das war einfach ein anderes Stück. Ich dachte, nicht nur ein anderes Stück, auch eine andere Orgel. Das war für mich etwas total Neues, dass man durch Artikulation auf der Orgel so unterschiedlich spielen kann. Ich hatte zuerst den Eindruck, er hätte die Register gewechselt, aber es war nur sein artikuliertes Spiel, das alles veränderte.

Once a student played a Bach composition while Richter paced the gallery and listening to him. Then I saw from a distance how he briefly whispered something to him and the said, "Let me play it myself" and sat down and did so. And it was a completely different composition, and I thought not only is the composition different but the organ as well. It was something totally new for me, that the use of articulation could achieve a completely different sound. I thought at first that he had changed the register, but it was just his articulation alone, that had changed everything. (Peter-Lukas Graf)



Tempo

Was ich auch bei ihm gelernt habe, was sich mir eingeprägt hat, das ist seine Beziehung zum Tempo gewesen. Ich habe bei ihm begriffen: wenn man ein langsames Tempo wählt, dann muss es von innen heraus schnell gespielt werden. Und wenn man ein schnelles Tempo wählt, dann kann man es von innen heraus langsam spielen.

Another thing I learnt from him, that influenced me very much indeed, was his relationship to Tempo. I was able to grasp that if the Tempo was to be a slow one then It had to be played inside out, meaning it had to be played quickly, and if a fast Tempo was chosen it had to be played slowly. (Paul Meisen)



Kieth Engen

Richter hat ja nie, nie ein Tempo begründet, er hat es durchlebt. Und er sagte immer: "Das Tempo ist etwas vom Körper, man muss es fühlen, man muss es ausfüllen in seiner Musik, in seinem Wesen, und dann ist es richtig." Das Tempo war immer anders bei ihm. Aber es war immer richtig.

Karl Richter never justified a rhythm, he just went through with it. And he always said, Tempo is always something physical, to be felt and sent out in ones music, and in one’s being and then it is right. His tempo was always different, but it was always right. (Kieth Engen)



Julia Hamari und Karl Richter

Die Tempi, die Richter hatte, waren unglaublich ausgefüllt und voll. Und er erwartete, dass wir das auch erfühlen.

Richter’s Tempi were incredibly full and complete and he expected us to feel this. (Julia Hamari)


Edda Moser und Karl Richter

Ja, aber mal war das eine richtig und dann das andere. Es konnte auch sein, dass manches anders war. Aber er saß ja am Cembalo und spielte und improvisierte und gab dann seine Einsätze und so, aber jedes Tempo stimmte. Es war nie ein Tempo, bei dem man Angst hatte, keine Luft mehr zu haben, wie man das heute oft erlebt. Den einen Abend war es mal schneller, den anderen wieder etwas langsamer, wie es ihm dann eben so einfiel, wie er es fühlte.

Yes, but sometimes the one Tempo was right and then the next time another but he sat at the cembalo and played and improvised, then he would give his cues and so forth and the tempo was always right. There was never a tempo were you were afraid you would not have enough breath,,, the way it often is these days. Some evenings it was a bit faster, others it was slower, just as it occurred to him, just depending on how he felt. (Edda Moser)

Richter konnte unglaublich langsame Tempi spannen, durchspannen.

Richter could stretch and hold slow Tempi in an unbelievable way. (Hertha Töpper)